Kitzbüheler Alpen, 9.7. – 14.7.2005 

So

 Zwei Tage vor Abfahrt auf die diesjährige Tour teilte mir Uli am Telefon mit, dass die Wettervorhersage für die Alpen ähnlich feuchtes Wetter meldete wie für die letzten Tage in Köln. Morgens solle es Regen geben und nachmittags Schauer. Und genauso ist es heute gekommen auf unserem ersten vollen Wandertag von der Pinzgauer Hütte zur Hacklberger Alm. Auch morgen soll es sich laut Hüttenwirtin noch „ausregnen“, bevor sich das Wetter bessern soll. Mal sehen.

Konzentriere ich mich mal lieber auf andere Aspekte der Tour! Dieses Jahr sind wir in den Kitzbüheler Alpen unterwegs und anders als in früheren Jahren zu Beginn der Ferien und ohne Rainer oder anderen Toschkes. Ganz ungewohntes Gefühl! Die Schülergruppe ist mit 14 SchülerInnen ähnlich groß wie gehabt, viele Geübte sind wieder dabei, und unsere Karawane zieht sich wie üblich an Bergrücken entlang. Das Lehrerteam wurde durch Katja verstärkt, die wie Dirk ihr Referendariat am Quirinus abgeleistet hat. Und so füllen wir mit 19 Leuten wieder jede kleine Hütte restlos auf. Jetzt gerade sitzen wir in 10qm holzgetäfelter Stube, trocknen leise vor uns hin, nachdem wir heiße Getränke und selbstgemachten Kuchen gegessen haben und verbringen den Nachmittag mit spielen, schlafen und schreiben.

Nach ca. 4 ½ Std. Wanderung sind wir gegen 14 Uhr an der Hacklberger Alm (1747m) angekommen, wo mit 25 Kühen noch Milchwirtschaft betrieben wird. Wir sind ums langgestreckte Holzhaus herum in einem Lager mit separatem Zugang untergebracht, unsere Feuchten Jacken fanden auf einer windschiefen Wäschespinne im Vorraum ihre vorläufige Ruhestätte. Heute Abend werden wir uns wie die 19 Zwerge in Reihe geschaltet unter Dachschräge und Plumeaus zur Ruhe betten. Größer könnte der Kontrast zu unserem Quartier der letzten Nacht nicht sein! Nach einer von der 30-minütigen Verspätung abgesehenen reibungslosen Anreise 5.54 Uhr ab Köln erreichten wir gegen 15 Uhr den Ausgangspunkt unserer Tour, Zell am See. Nach einer kurzen Wanderung zur Talstation der Seilbahn zur Schmittenhöhe fuhren wir bergauf, bevor wir ca. ½ Std. zur Hütte (1700m) abstiegen. Dort erwartete uns die kleine Gruppe der Autofahrer und brandneu renovierte Bettenlager, Waschräume, Wirtsräume. So ein Luxus direkt zu Beginn der Tour! Selten hatten wir die Möglichkeit, schon am ersten Abend zu duschen. Fast erschien der schon abends einsetzende Regen als Kompensation für diese Bequemlichkeiten. Und so wanderten wir heute nicht auf den im Heftchen beschriebenen Pfaden, sondern fast auf einer Höhe „geradeaus“ auf dem „Pinzgauer Spaziergang“, zu schade, dass die tief hängenden Wolken und Kapuzen die Aussicht einschränkten. So blieben ein kleiner Umweg, zwei Alpensalamander und die üppig an den umgebenden Grashängen blühenden Alpenrosen die Highlights des heutigen Tages, jedenfalls bis uns ein österreichisches Mannsbild in die Stube gesetzt wurde, der verzweifelt mit Angeboten von Schnaps, Weinschorle und Zigaretten versuchte, die Schüler dazu zu bewegen, mit ihm „Schnapsen“ zu spielen, offensichtlich eine Art feuchtfröhliches Kartenspiel. Zu unserer Erleichterung wurde er nach einiger Zeit vom Wirt ins Tal gefahren, da er derart getankt hatte, dass man ihn nicht auf dem Rad talwärts schicken wollte. Einblicke in österreichische Lebensart!

  

Mo

 Pünktlich um 22 Uhr fielen wir in die Lager, von leichtem Kuhstallgeruch umnebelt. Trotz der bequemen Matratzen und Daunendecken wachten wir unzählige Male auf, gegen Morgen wegen der rhythmischen Geräusche der Melkmaschine etc.

Uli sprang schon um 7 Uhr auf, um sich seinen Platz am einzigen Waschbecken zu sichern; ein dabei riskierter Blick auf die Wetterlage bestätigte, was schon die ganze Nacht durch die Dachbalken Übertragen wurde: es regnete stark wie unter einer Massagedusche. Deshalb beschlossen wir, uns zunächst aufs üppige Frühstück zu konzentrieren und später zu entscheiden, wann und ob wir losgehen wollten. Unzählige Spielrunden Karten und (Rückwärts-)Mensch-ärgere-dich-nicht später stimmten wir schließlich über diese Frage ab. Zu meiner Überraschung entschieden sich 10 von 19, trotz Regens zur Bürglhütte abzumarschieren. Wieder ließen wir die im Heftchen erwähnten Anstiege aus und konzentrierten uns ganz auf die zu Bächen mutierten Wanderwege. Anfangs versuchten einige Verzagte um Sophie und Moritz sogar, den Regen mit Singen zu vertreiben. So hörten wir fast vergessenes deutsches Liedgut von „Dro Schonosen mot dom Kontroboss“, „Auf der Mauer, auf der Lauer sitzt `ne kleine Wa...“ bis „Mein Hut...“ . Derweil füllten sich Jacken, Rucksäcke und Schuhe langsam mit Wasser wie U-Boote in Seenot. Trotzdem gab es keine (lauten) Klagen und alle bissen sich tapfer durch diese Etappe. Nach gut 5 Std. kamen wir gegen 17 Uhr an der Hütte (1699m) an, zu der wir auf den letzten Metern steil ansteigen mussten. Auch hier wird Milchwirtschaft betrieben, im Nebenjob trocknen die Kühe unsere Stiefel, da es in der Stube nur einen kleinen Elektroradiator gibt. Wieder sind wir die einzigen Gäste, doch trotzdem ist die Wirtin von unseren vielfältigen Wünschen bzgl. Essen, Trinken, Trocknen leicht überfordert. Dennoch sind wir inzwischen versorgt und fragen uns, was Petrus morgen für uns bereithält. Immerhin steigt das Barometer ...

  

Di

 ... aber leider nicht hoch genug, denn morgens gießt es weiterhin in Strömen. Nach einem weiteren völlig untypischen Hüttenfrühstück mit sogar Brötchen, Käse, Wurst stimmen wir schließlich erneut ab, ob wir uns wieder den Elementen an die Brust werfen wollen. Wir hören, dass die umliegenden Täler unter Wasser stehen und örtlich auch Muren abgegangen sind, alles fließt. Da geht`s uns hier oben also vergleichsweise gut, zumal unsere Klamotten trockener geworden sind als erwartet. Bis zum Abmarsch um 10 Uhr beschäftigen sich einige noch als Köche, indem sie versuchen, Socken und Jeans zischend auf dem Kohleofen in der Küche zu trocknen, auf dem unsere Stiefel schon die Nacht verbracht haben. Schließlich abmarschiert müssen wir zunächst wieder den Weg hochasten, den wir gestern zur Hütte abgestiegen waren. An der Murnauer Scharte mussten wir etwas pfadfinderisches Geschick beweisen (zunächst wurde – wie üblich – Roland losgeschickt), bis wir den unbeschilderten Weiterweg fanden. Entlang Weidenzäunen und Grat stiegen wir zum Leitenkogel auf, inzwischen hatte es wieder zu regnen begonnen, Wolken umwaberten uns und ein steifer Wind umfegte uns und Jan Korbmachers neongelben Rucksacküberzieher. Als der Regen nachließ und es aufriss, zeigte sich endlich, wie abwechslungsreich der Weg ist. Im Schusterkar konnten wir kurzfristig die schwammigen Wiesen zugunsten eines Weges durch Schutt und Geröll hinter uns lassen, unterhalb des Geißsteins wanderten wir um achtlos hingestreute Boulder und neugierige Ziegen herum, intensivblauer Enzian wies uns wie Laternen den Weg, ein Laubfrosch kreuzte den Weg, an der Schlaberstatt trafen wir auf weitläufige Almen und konnten sogar eine kurze Rasdt einlegen, weil die Sonne herauskam. Insgesamt waren wir 4 ½ Std. unterwegs und damit recht flott, bevor wir an der Bochumer Hütte (1430m) eintrafen. Hier gibt es zwei Gäste außer uns und die Stiefel kommen in den Heizungsraum, doch eines bleibt wie gehabt: es gibt heißes Wasser und Duschen. Was ist bloß aus den rustikalen Hütten geworden? 

 

Mi

  Die Nacht über regnete es noch aus Kübeln, doch morgens können wir endlich unsere Unterrichtsreihe zum Bewegungsfeld „Bewegen im Wasser“ unter der pädagogischen Perspektive „Etwas wagen und verantworten“ zum Abschluss bringen. Am vierten und letzten Tag holten wir uns nur noch matschige Stiefel, ansonsten durchweichte uns nur noch der Schweiß. Der Hüttenwirt prognostizierte 7-8 Std. Gehzeit, doch letztlich blieben wir im Rahmen von Ulis Vorgabe, dass der Weg zum Wildseeloderhaus (1854m) ca. 6 Std. beanspruchen würde. Nun endlich mit Aussicht führte der Weg wieder über die hier weitverbreiteten, grasbewachsenen Hänge mit dumm bis ratlos blickenden Rindern. Etwa halben Wegs machten wir Rast an einer Almhütte, wo wir und mit Getränken und Kasspatzen für den folgenden Aufstieg vorbereiteten. Wie im Heftchen vermerkt war es die Etappe mit den meisten Höhenaufstiegsmetern, die in Portionen von 200m oder 400m zu bewältigen waren. Die „Rennschweine“ machten daher mächtig Druck, der erst auf einem Extraausflug auf den „Bischof“ (1908m) teilweise abgebaut werden konnte. Wir anderen hatten Zeit, die Landschaft zu genießen, einschließlich Wildblumen, hospender Frösche, Fernblicke in den Wilden Kaiser und schließlich dem stattlichen Wildsee, an dessen Ufer die Hütte malerisch geparkt liegt. In der Sonne vor der Hütte füllen wir uns mit Strudeln und Getränken, während Socken und Stiefel dort trocknen. Dieses Mal sind wir nict die einzigen Gäste, was sich beim Versuch, sich an den zwei Waschbecken im Gang zu waschen, überdeutlich wird. Schließlich nach dem Abendessen – einmal nicht Schnitzel – halten wir die „Abschlussrunde“ auf der Terrasse ab, bevor wir ein letztes Mal „Bonanza“ spielen. Dabei handelt Moritz uns fast dusselig! Morgen werden uns die Autofahrer und später andere Teilnehmer verlassen, bevor wir in Siegburg, Köln, Düsseldorf ankommen. Wieder kommt eine Tour zum Abschluss, und vom Regen abgesehen war es eine sehr gelungene!

  

Do

Nach einer unruhigen Nacht mit quietschenden Kindern, deren bis in die späte Nacht feiernden Eltern und einem sägenden Mitschläfer ohne Hüttenschlfsack ist der Heimreisetag gekommen. Wie seit Tagen angekündigt wird es ein heißer wolkenloser Tag. Bäh.

Nach dem Frühstück verabschieden sich Jan V., Matthias, David und Stefan, wir folgen ihnen etwas später abwärts auf dem touristenfreundlich breit ausgebauten Weg zur seilbahn nach Fieberbrunn. Scharen von älteren Herrschaften auf ihrem Tagesausflug kommen uns entgegen und lächeln erfreut, als sie unseren Tausendfüßler aus jungen Leuten in Bergjkluft sehen. Im Ort schließlich verabschieden wir uns von Armin und Sonja, die von ihren Eltern abgeholt werden. Bis zur Abfahrt des Zuges verbringen wir die Zeit mit Kaffeetrinken, Einkaufen von Reiseproviant und Lesen im Schatten einiger Bäume und Schirme hinter dem Bahnhofsgebäude. Die eigentliche Rückfahrt verläuft ereignislos bis auf die Tatsache, dass uns wie bei den „10 kleinen Negerlein“ in ihrem Verlaufe weitere Schüler verlassen, Jan K. in Wörgl, Thomas in München.

Allen noch schöne Ferien und bis zum Nachgrillen!